Ein Erfahrungsbericht
Dauer: Die Verwaltungsstation ist die vierte Station (in Baden-Württemberg) und geht insgesamt 3 Monate. Die ersten zwei Wochen findet ein Einführungslehrgang statt.
Ablauf: In den ersten zwei Wochen wird im Rahmen des Einführungslehrgangs viel materielles Wissen aufgefrischt bzw. vermittelt. Es werden Themen wie das Immissionsschutzrecht, Versammlungsrecht, Gewerberecht, Straßenrecht aber auch Rechtsmittelrecht und der Aufbau der Landesverwaltung behandelt. Unmittelbar nach den zwei Wochen schließt sich die eigentliche praktische Station in der Verwaltung an.
Im Schnitt fand einmal die Woche AG im Öffentlichen Recht (online) statt.
Auch hier variiert der Arbeitsaufwand – wie in den anderen Stationen – stark und hängt vom jeweiligen Ausbilder ab.
Die Station: Meinem Zuweisungsgesuchs-Wunsch entsprechend befand ich mich ab November im Rathaus bei mir in der Nähe. Dort wurde ich in zwei Abteilungen, Sozial- und Ordnungsamt und Baurechtsamt zugewiesen. Die Arbeit war relativ entspannt, auch wenn mir von Tag 1 Verantwortung übertragen wurde. Die Aufgaben waren vielfältig und interessant. So musste ich eigenständig prüfen, ob eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt werden soll oder nicht. Ob eine Straße zu einer Anliegerstraße gemacht werden soll oder nicht – und entsprechend argumentieren. Witzigerweise war es eine Straße, die ich regelmäßig als Nichtanliegerin nutze, sodass mir die Argumentation tatsächlich sehr einfach fiel und mein Ablehnungsbescheid direkt übernommen werden konnte. Auch musste ich Baugenehmigungen zurücknehmen, erteilen, etwaige Regressansprüche gegen die Behörde prüfen und Anhörungsschreiben erstellen. Somit war die Verwaltungsstation – zumindest bei mir – diejenige, bei der ich das Gefühl hatte „mitten im Geschehen“ zu sein und mich wirklich aktiv beteiligen zu können. Klar, in der Zivilstation darf man unter Aufsicht des/der Richters/Richterin eine Verhandlung leiten oder eine Beweisaufnahme durchführen. Die meiste Zeit aber sitzt man während der Hauptverhandlung daneben und schaut sich das Ganze „nur“ an. Da ich die Strafstation nicht bei der Staatsanwaltschaft, sondern auch am Gericht absolviert habe, bestand diesbezüglich im Vergleich zur Zivilstation kein großer Unterschied.
Jedenfalls war die Verwaltungsstation alles andere als langweilig. Zwar musste ich nur alle 2 Wochen am Rathaus antanzen, die alte/n Akte/n besprechen und neue abholen, dennoch war die Auslastung optimal, da ich genug Zeit zum Lernen hatte. Besonders gut empfand ich, dass alle mir übertragenen Aufgaben examensrelevant waren und daher der Lerneffekt besonders groß war (hoffe ich jedenfalls :D).
Meine beiden Ausbilder waren auch super nett und hilfsbereit, was die Station abgerundet hat.
Generell soll der Aufwand bei Behörden, Rathäusern etc. überschaubar sein. Doch auch hier kommt es natürlich ganz auf den Ausbilder an und kann im Vorfeld nie mit Sicherheit bestimmt werden. Dennoch würde ich die Station, wenn ich müsste, erneut im Rathaus absolvieren und kann sie uneingeschränkt jedem empfehlen, der Wert auf examensrelevante Fälle und abwechslungsreiche Arbeit legt.
Jedenfalls kann ich das Vorurteil, die Verwaltungsstation sei langweilig, nicht bestätigen.
Highlight(s): Ein wirkliches Highlight gab es bei mir in dieser Station nicht. Da die Arbeit sehr entspannt war, würde ich dennoch den Fall bzgl. der Anliegerstraße in meiner unmittelbaren Nähe als „Highlight“ bezeichnen. Jedes Mal, wenn ich die Straße entlang fahre, muss ich an den entworfenen Ablehnungsbescheid denken 😀
Tipps:
- Sucht euch eure Verwaltungsstation frühzeitig aus
- In Baden-Württemberg gibt es eine extra Informationsveranstaltung zu den möglichen Stationen. Im Anschluss werden Listen verschickt, in die man seine bevorzugten Stellen angibt
- Es gibt neben Behörden etc. auch die Möglichkeit, die Station an der Universität Speyer zu absolvieren
- Neben den klassischen Stellen wie Polizeibehörde, Ministerium, Deutscher Bundestag etc. kann die Station auch beim Rundfunk, Ärzte-, Handelskammer oder im Europäischen Patentamt absolviert werden
- Die Station kann (in BW) auch im Ausland abgelegt werden
- I.R.d. Verwaltungsstation kann man berufliche Kontakte knüpfen
- Die Station bietet sich an, um das materielle Recht im Öffentlichen Recht zu wiederholen! Das kommt m.M.n. innerhalb der AG bzw. generell im Laufe des Referendariats etwas zu kurz.
Wie waren eure Erfahrungen in der Verwaltungsstation? Habt ihr Fragen oder Anregungen? Hinterlasst gerne einen Kommentar 😊
Sandra
Rechtsreferendarin|Autorin|Ernährungsberaterin|Sportlerin|Weltenbummlerin|Leseratte|Essensliebhaberin|